Geschichte der Sammlung

 

 

Während der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts entwickelten sich in der Bundesrepublik Deutschland zahlreiche junge Szenen auf der Suche nach alternativen Ideen für Politik, Gesellschaft und Kunst. Der Protest der 68er gegen autoritäre Staatsstrukturen, eine rigide Sexualmoral oder das kapitalistische Wirtschaftssystem verzweigte sich in vielfältige Bewegungen und Communities mit ganz unterschiedlichen Zielen und Lebensentwürfen. Ob Umweltaktivismus oder Esoterik, Feminismus oder Drogenerfahrung, alternative Heilmethoden oder Anarchismus: Getreu dem Motto„Wissen ist Macht“ sollten die neuen Gedanken einem aufgeschlossenen Publikum zugänglich gemacht werden.

 

In dieser Zeit gründete Ruth E. Westerwelle früh den alternativen Buchvertrieb „pro media“.  Sie kam aus dem Umkreis der Kreuzberger Boheme-Szene um Mühlenhaupt, Märchen, Runkel, Grage; war auf dem legendären "Trampelpfad" Meisengeige, Nulpe, Rotkehlchen, Delirium etc. unterwegs. Und besuchte die Gruppe Grossgörschen mit Hödicke, Koberling, Lüpertz, Zschokke, usw in der Naunystraße. Oder stand Fotokünstlern und dem Maler und Grafiker Carl Bianga Modell. Doch dann zog sie los und versorgte On the road ihr alternatives Lesepublikum auf Festivals und Buchläden mit den frischen Druckerzeugnissen der Klein- und Kleinstverlage und vernetzte so die im ganzen Land verstreuten Akteure und Szenen miteinander. Selbstbewußt lautete das Motto: "Wir sind die vor denen uns unsere Eltern gewarnt" und die BuchhändlerInnen stöhnten "Bücher, die nicht ins Regal (der bürgerlichen Läden) passten".

Daneben war sie Ende der 70er Gründungsmitglied von Netzwerk Selbsthilfe e.v. und Gründungs-Unterstützerin der TAZ.

 

Gleichzeitig gründete sie im Laufe der Zeit zwei Verlage: mit Eduard Jakobsohn den alternativen Verlag Jakobsohn und später den feministischen Verlag Schwarze Katz. Darüber hinaus beriet sie Interessierte, die ebenfalls einen Verlag gründen wollten, über Verlagspolitik, Kalkulation, Vertriebswege, u.u.u..

 

Aus all den Publikationen mit denen sie in diesem Jahrzehnt zu tun hatte baute sie eine umfangreiche Sammlung auf: Beginnend bei den ersten Flugblättern der 68er-Studentenbewegung entstand ein in Vielfalt und Umfang einzigartiges Archiv der Alternativpresse der 70er aus Büchern, Zeitschriften, Broschüren, Zeitungen, Plakaten und weitere Medien. Robert Jungk hatte sie dazu ermuntert: Macht eure Bibliotheken öffentlich!